Café DenkMal! Philosophisches Café am
2. Februar 2024 Thema: Epoché und Hermeneutik (Gefühl
und Sachlichkeit)
epoché, vom griechischen Anhalten,
Ansichhalten. In der ursprünglichen Bedeutung im Gegensatz zum Dogma das
Zurückhalten des Urteils. Es war die Hauptforderung und das Kernstück bei den
Skeptikern. Die epoché kann zum Verzicht auf Wissenschaft überhaupt führen,
aber auch als Übung des Geistes aufgefasst werden. Heute ist es die Bezeichnung
für die skeptizistische These, dass aus der Einsicht in die prinzipielle
Unsicherheit menschlichen Wissens auf jeglichen Wahrheitsanspruch verzichtet
werden müsse. Bei Edmund Husserl bedeutet epoché ein Verfahren zur Deskription von Merkmalen von
Gegenständen, bei der von der Seinsvermeinung oder auch Seinssetzung, das heißt
der Unterstellung, dass jeweils dieser Gegenstand existiert, abgesehen wird, um
von sämtlichen Vormeinungen abstrahieren zu können und ihn dadurch in seiner
Idealität aus der Anschauungsgewissheit eidetisch beschreiben zu können. Der
Begriff epoché entspricht dem der phänomenologischen Reduktion. Er muss jedoch
noch von der eidetischen Reduktion in der idealen Anschauung und von der
transzendentalen Reduktion unterschieden werden, durch welche sich nur jeweils
ein Einzel-Ich zum uninteressierten Zuschauer seines reinen Bewusstseinslebens
setzen kann. (nach Regenbogen, Meyer, Wörterbuch der philosophischen Begriffe)
Hermeneutik ist die Lehre vom Auslegen und
Verstehen. Sie tritt in zwei Formen auf: als Sammlung von Anweisungen zur
richtigen Auslegung und Interpretation von Texten – und als philosophische
Grundlagenreflexion auf Strukturen und Bedingungen des Verstehens überhaupt. Im
17. / 18. Jahrhundert bilden sich auf theologischem und juristischen Gebiet
Regeln für die Auslegung autoritativer Texte heraus, Schleiermacher erweitert
diese Hermeneutik zur Kunstlehre des Verstehens. Der Text soll aus der
Einfühlung in den Autor sowie komparativ, also vergleichend zu grammatischen
und historischem Verstehen aus dem Ganzen seines Lebens- und Sinnzusammenhangs
verstanden werden. Die Wissenschaftstheorie stellt es den der kausal
erklärenden Methode in den Naturwissenschaften entgegen. Dilthey fordert, jeden
Einzelinhalt aus dem Ganzen des Lebens, das sich ihm objektivierte, im
nachfühlenden oder erlebenden Mitvollziehen zu verstehen. Nach Heidegger ist
Verstehen die Seinsweise des Menschen, nämlich entwerfende Selbstauslegung und
Eröffnung des Horizonts der Welt. Im Anschluss an Heidegger betont Gadamer die
Allgemeinheit des hermeneutischen Problems, dem sich auch die methodisch
exakten Wissenschaften nicht entziehen können, und die geschichtliche
Perspektive des Verstehens, in dem der jeweilige eigene, von der
Überlieferungsgeschichte getragene Verständnishorizont mit dem Horizont des
begegnenden geschichtlichen Einzelinhalts verschmilzt.
Im Verstehen wird
etwas als etwas erkannt, dies bedeutet in seinem Bezugsganzen. Damit bewegt
sich das Verstehen in einem Zirkel. Der Horizont des Gegenstands ist dem
Verstehen durch ein Vorverständnis erschlossen, das jedoch stets, wenn auch in
verschiedenem Grad, eingeschränkt bleibt. Wie ein echtes Gespräch sachgebunden
ist, so lebt auch das Verstehen aus der Offenbarkeit von Sein als Wahrheit und
transzendiert daher die Differenz von direkt Gewusstem und letztlich Gemeintem
seine geschichtliche Bedingtheit, ohne sie je abzustreifen. (nach Brugger /
Schöndorf, Philosophisches Wörterbuch)
Café DenkMal! Philosophisches Café am 5. Januar 2024Thema: Individuelle Wahrheit versus Ethik des
Gemeinwesens
Findet
die Wahrheit, denn die Wahrheit macht frei. (Albertus Magnus)
Es gibt
eine Menge Wahrheit, aber keine Wahrheit für die Menge. (Ulrich Engelbrecht)
Nichts
hält das Gemeinwesen besser zusammen als die Verlässlichkeit. (Cicero)
Das
Gemeinwesen als Quelle des Profits anzusehen, ist nicht nur schändlich, sondern
vielmehr verbrecherisch und ruchlos. (Cicero)
Durch
keine Sache aber können diejenigen, die dem Gemeinwesen vorstehen, leichter das
Wohlwollen der Menge gewinnen als durch Uneigennützigkeit und Selbstlosigkeit.
(Cicero)
Derjenige,
der das Gemeinwesen verwalten will, wird vor allen Dingen darauf sehen müssen,
dass ein jeder seinen Besitz behalte und von öffentlicher Seite keine
Schmälerung des Privatbesitzes geschehe. (Cicero)
Keine
Staatsform ist entstellter als jene, in der man die Reichsten für die Besten
hält. (Cicero)
Arbeite
nicht, als wärest du dabei unglücklich, oder um bewundert oder bemitleidet zu
werden; wolle vielmehr nur das eine, deine Kraft in Bewegung setzen oder
zurückhalten, so wie es das Gemeinwesen erheischt. (Marc Aurel)
Der
Unterschied zwischen Gehorsam und Fügsamkeit ist dem jüngeren Geschlecht völlig
abhanden gekommen. Gehorsam ziemt dem freien Mann und ist mit Recht von jeden
zu fordern, der einem Gemeinwesen angehört. Aber in der Fügsamkeit liegt keine
sittliche Stärke, sondern eine Schwäche. (Alfred Wilhelm Dove)
Im
Opferbringen für das Gemeinwesen liegt die erste Pflicht, aber auch die beste
Kapitalanlage, die ein Volk und jeder einzelne gute Volksgenosse machen kann.
(Adolph H. G. Wagner)
Haben wir
jedoch die Selbstsucht aufgegeben, so bleibt in uns einzig die Liebe zum
Gemeinwesen zurück. (Tommaso Campanella)
Gemeinwesen:
eine Verwaltungseinheit, die von einer unberechenbar großen Zahl folgerichtig
aktiver, jedoch nur zufällig leistungsfähiger politischer Parasiten betrieben
wird. (Ambrose. G. Bierce)
Ethik ist
Lebensstil, Gestalt und innere Form des Sichverhaltens. (Oswald Spengler)
Der tiefe
Mensch hat Ethik, weil er sie in sich fühlt, als eigne Forderung an sich
selbst. (Oswald Spengler)
Ethik ist
ins Grenzenlose erweiterte Verantwortung für alles, was lebt. (Albert
Schweitzer)
Durch
das, was wir tun, erfahren wir bloß, was wir sind. (Arthur Schopenhauer)
Ethik ist
das Bindeglied zwischen meinem Wunsch nach Glück und dem aller Menschen. (Dalai
Lama)