Zu einem Philosophen passt ein Glas Wein - oder auch mehr - und das sinnige Betrachten und Räsonieren. So könnte man meinen, enttäuscht ist man jedoch, wenn diesem Ansinnen weiter nachgegangen wird. Philosophen äußern sich nicht zum Wein. Nein! Das stimmt nicht ganz. Roger Scruton hat das Buch "Ich trinke, also bin ich" geschrieben und er wiederum bezieht sich auf Béla Hamvas, der die Metaphysik des Weins beschreibt und den Weingenuss mit dem Ende des Atheismus gleichsetzt.
DenkMal! Philosophisches Café am 05. Juni 2020 Thema: Verdorbenheit, Pornografie und Gewalt Wir treffen uns um 16:00 Uhr. Im
Juni und Juli werden wir das Café DenkMal! noch virtuell veranstalten.
Im August ist es vielleicht wieder möglich, dass wir uns real im Mezzo
Mezzo treffen. Falls dies nicht möglich ist, werden wir einen anderen
Ort finden. Also machen wir es im Juni via jit.si Als Adresse einfach eingeben https://meet.jit.si/DenkMal und dann geht es auch schon los.
DenkMal! Philosophisches Café am
05. Juni 2020 Thema: Verdorbenheit, Pornografie und Gewalt
Sades Werk
hat für uns die Bedeutung eines unschätzbaren Dokuments, weil es unseren tiefen
Grund, der Vernunft nicht zu gehorchen, aufgedeckt und sinnfällig gemacht hat.
(Georges Bataille)
Die
platonische Moral sieht das Böse in der Beherrschung der Vernunft durch die
Leidenschaften, diejenige Sades in der Beherrschung der Leidenschaften durch
die Vernunft. (Georges Bataille)
Desgleichen
muss man Sade, der die Wollust zur einzigen Wahrheit und zum einzigen Maßstab
gemacht hat, dafür dankbar sein, dass er sie nicht mit der Annehmlichkeit
verwechselt hat. Die Wollust ist in seinen Augen der Teil des Menschen, der die
Grenzen des Möglichen überschritten hat. (Georges Bataille)
Am Beispiel
von Sades glühendem Plädoyer gegen die Todesstrafe, deren Exzesse er in Gestalt
der Terreur vor Augen und deren radikale Abschaffung er gefordert
hat, weist Bataille nach, dass der Vernunft selbst ein bestimmtes Gewaltpotential
zu eigen ist, seitdem sie mit dem Göttlichen identifiziert und ihr mit der Moral
eine wirksame Sanktionierungsmacht an die Seite gestellt worden ist. (Rita
Bischof)
Wer in einem
Buchladen des vorrevolutionären Frankreich nach >>livres
philosophiques<< fragte, bekam nicht das, was wir heute erwarten würden. […es]
war dies die im Buchhandel übliche Bezeichnung für >>illegale
Handelsware<<. (Andrew Aberdein)
Die
Kategorien, die wir auf die Welt und insbesondere auf menschliches Handeln
anwenden, mögen uns naturgegeben und unveränderlich erscheinen, in Wahrheit
aber haben sie eine Geschichte und können schon in wenigen Generationen ganz
anders aussehen. (Andrew Aberdein)
Der
Unterschied zwischen dem Fall des Mordens und dem Fall der Pornografie besteht
darin, dass Mord meistens unmoralisch ist und wir lediglich entscheiden müssen,
ob diese oder jene Handlung einen Fall von Mord darstellt oder nicht. (David
Rose)
Die Frage
ist nicht, ob Pornografie moralisch oder unmoralisch ist, sondern ob sie die
richtigen Tabus und Normen gesellschaftlicher Beziehungen erkennt und uns
Zugang zu einem Verständnis unserer selbst ist Beziehung zu anderen ermöglicht.
(David Rose)
Tatsächlich
zeigen erste Studien, dass die Häufigkeit sexueller Gewalttaten trotz der
leichten Verfügbarkeit von Pornografie stetig gesunken ist. (Ummni Kahn)
Es
entspricht nicht den Tatsachen, dass Pornodarsteller grundsätzlich
charakterliche Defekte oder Fehler aufweisen, und selbst wenn es auf einzelne
zutrifft, muss das keinen Einfluss darauf haben, ob sie ihr Leben als
befriedigend empfinden oder nicht. (Dylan Ryder, Dave Monroe)
Dieser
universelle Überschuss – diese Fähigkeit der Sexualität, das gesamte Feld der
menschlichen Erfahrung zu überfluten, sodass alles, vom Essen bis zur
Ausscheidung, vom Verprügeln unseres Mitmenschen (oder umgekehrt) bis zur
Ausübung von Macht eine sexuelle Konnotation erhalten kann – ist kein Zeichen
für das Vorherrschen der Sexualität. Er ist vielmehr das Zeichen einer
bestimmten strukturellen Fehlerhaftigkeit: Die Sexualität strebt nach außen und
überflutet die angrenzenden Bereiche genau deshalb, weil sie in sich selbst
keine Befriedigung finden kann, weil sie niemals ihr Ziel erreicht. (Slavoj
Zizek)
Die
spezifische Qualität der menschlichen Sexualität hat nichts mit der
unmittelbaren eher stupiden Realität der Kopulation, einschließlich der
vorbereitenden Paarungsrituale zu tun; erst wenn die tierische Paarung in einen
phantasmatischen Rahmen gerät, erhalten wir das, was wir Sexualität nennen,
wird die sexuelle Aktivität selbst sexualisiert. (Slavoj Zizek)
Literatur:
Georges Bataille (2015).
Sade und die Moral. Berlin: Matthes & Seitz.
Dave Monroe (2011).
Philosophie für Verdorbene. Essays über Pornografie. Berlin: Rogner &
Bernhard. Slavoj Zizek (2020). Der
Exzess der Leere. Ökonomisch-philosophische Notizen zu Sexualität und Kapital. Wien:
Turia + Kant.
DenkMal! Philosophisches Café am
01. Mai 2020Thema: Protest
Wir treffen uns um 16:00 Uhr am Burgplatz im Mezzo Mezzo normalerweise!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Am
03.04.2020 haben wir den Versuch gewagt, via Skype das philosophische
Café trotz allem stattfinden zu lassen, denn seit Anbeginn der Zeiten
des Cafés DenkMal! ist es bisher noch nicht ausgefallen und das soll
auch so bleiben. Skype hat sich als etwas schwierig erwiesen. Deshalb werden wir am 1. Mai der Idee von Arne folgend jitsi ausprobieren. Das ist ganz einfach, in die Adressleiste eingeben: https://meet.jit.si/DenkMal und schon geht es los. Das Café DenkMal! findet immer am ersten Freitag im
Monat statt. Und das schon seit 16 Jahren unbeiirt der Veränderungen,
die doch nur scheinbare sind. Die wahre Veränderung findet beim Denken
in unseren Köpfen statt.
Es ist nicht schwer, Nein
zu sagen. Es ist
schwer, es richtig zu sagen.
Zur richtigen
Zeit. Aus den richtigen
Gründen.
Noch schwerer, es immer
wieder zu
sagen, umso mehr in einer
Welt des Ja.
Ja, einer Tyrannei des Ja.
[…]
Doch es gibt noch ein
anderes Leben. Ein
ungewisses Leben. Es singt
dem Nein ein
Lied. Vom Nein. Für Nein.
Jedoch nicht irgendein
Nein. Ein Nein des
Jetzt nicht. Noch nicht.
Und nicht nur.
Das Nein des Neins. (Eric
Jarosniski)
Protest ist eine soziale
Tatsache, die empirisch vorkommt.
Nicht jede Kritik ist Protest,
aber Kritik wird dann zum Protest, wenn sie sichtbare wird, eben weil sie
Routinen unterbricht und dadurch einen hohen Informationswert bekommt.
Protest
hebelt Erwartbarkeiten aus und zwingt das Gegenüber, sich zu ihm zu verhalten.
Soziale Ordnung ist genau
genommen der Versuch, das Risiko der Abweichung zu minimieren und Systeme für
sich selbst kalkulierbar zu machen, ja Kontingenz zu vernichten.
Kommunikation ist gewissermaßen
das Management möglicher Nein-Stellungnahmen.
Der Ja-Anschluss ist der Normalfall,
aber eben auch der langweiligere Fall.
Die Gesellschaft rechnet mit
Nein-Bedarf und erzeugt eine Struktur, innerhalb derer das Nein domestiziert wird, um Erwartungssicherheit
herzustellen.
Protest ist eine Reaktion auf die
begrenzte Institutionalisierungsfähigkeit von Konflikten.
Die Inszenierung authentischer
Betroffenheit wird damit zur Erkenntnisgrundlage schlechthin, wobei sich der
Kommunikationsstil von marginalisierten Gruppen, die um Anerkennung und
Sichtbarkeit in öffentlichen Debatten ringen, zum allgemein erwartbaren
Kommunikationsstil mit hohem Alltagsrisiko von Nein-Stellungnahmen geriert.
Die Gegenwartsgesellschaft ist
nervös, weil sich immer jemand als Opfer stilisieren kann, dem unrecht getan
wird.
Zur Grunderfahrung der Moderne
gehört, dass die bloße Aufklärung über Missverhältnisse oder die bloße
Erkenntnis über das, was zu tun sei, Kritik also, sich nicht einfach in Handlungen
umsetzen lässt.
Dass Protest sich gegen die
Mächtigen richtet oder gegen diejenigen, denen man die Lösung von selbst
definierten Problemen zurechnet, welcher Art sie auch immer seine, ist trivial.
Protest ist aber vor allem Ausdruck der Tatsache, dass die Opposition innerhalb
der institutionalisierten Verfahren als nicht ausreichend erscheint.
Gewalt hat etwas Attraktives,
denn Gewalt kann etwas simulieren, wonach Protest zumeist vergeblich sucht:
unmittelbare Wirkung.
Wahrscheinlich wäre das völlige
Ausbleiben von Kritik und Protest ein Indikator für eine Art Funktionsverlust
des politischen Systems.
Literatur:
Armin Nassehi (2020). Das große
Nein. Hamburg. Kursbuch Kulturstiftung gGmbH.
Eric Jarosinski (2015). Nein. Ein
Manifest. Frankfurt am Main: S. Fischer.
Café DenkMal Philosophisches Café am 03.
April 2020 Thema: Werte und bürgerliche Rechte
Die Corona-Krise erinnert uns daran, dass der Staat seine Bürger
und Bürgerinnen massiv einschränken kann. Wie steht es da mit allgemeingültigen
Werten und den Bürgerrechten? Kann eine Demokratie auch in einem Notfall die
Freiheit seiner Bürger und Bürgerinnen beliebig beschneiden?
Grundgesetz
für die Bundesrepublik Deutschland
Art 1
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist
Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk
bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als
Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit
in der Welt.
(3) Die nachfolgenden
Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als
unmittelbar geltendes Recht.
Art 2
(1)
Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er
nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung
oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht
auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist
unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen
werden.
Art 5
(1)
Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und
zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu
unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch
Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden
ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen
Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und
Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet
nicht von der Treue zur Verfassung.
Art 8
(1)
Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich
und ohne Waffen zu versammeln.
(2) Für Versammlungen
unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes beschränkt werden.
Art 9
(1)
Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren
Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen
die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung
richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung
und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden,
ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht
einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete
Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3,
Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe
richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen
von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
Art 11
(1)
Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.
(2) Dieses Recht darf nur
durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt
werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der
Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur
Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche
demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von
Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum
Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen,
erforderlich ist.
Art 12
(1)
Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei
zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes
geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer
bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen
allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur
bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
Art 15
Grund
und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der
Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung
regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt
werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Abs. 3 Satz 3 und 4 entsprechend.
Art 16
(1)
Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der
Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des
Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos
wird.
(2) Kein Deutscher darf an
das Ausland ausgeliefert werden. Durch Gesetz kann eine abweichende Regelung
für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an einen
internationalen Gerichtshof getroffen werden, soweit rechtsstaatliche
Grundsätze gewahrt sind.
Art 20
(1)
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht
vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch
besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der
Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist
an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die
Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es
unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum
Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
In der
Wissenschaft haben die Überzeugungen kein Bürgerrecht. (Friedrich Nietzsche)
Werte kann man
nicht lehren, sondern nur vorleben. (Viktor Frankl)
Ohne die
grundlegenden menschlichen Werte der Liebe und Güte können wir nicht überleben.
(Dalai Lama)
Geistige Werte
müssen uns ansprechen wie Könige, sie dürfen nicht aufgedrängt werden wollen.
(Arthur Schopenhauer)
Wo es noch Privatbesitz
gibt, wo alle Menschen alle Werte am Maßstab des Geldes messen, da wird es kaum
jemals möglich sein, eine gerechte und glückliche Politik zu treiben. (Thomas
Morus)
Café DenkMal Philosophisches Café am 06. März 2020
Thema: Anerkennung
In der französischen Kultur „ist Anerkennung
etwas, wonach Subjekte streben, weil sie ein Bedürfnis besitzen, zur
Wertschätzung oder zumindest zu einer gesicherten Existenz im Rahmen der
Gesellschaft zu gelangen, in der sie leben; teils zielt dieses Begehren darauf,
Anderen gegenüber eine soziale Vorrangstellung zu erringen, teils auch nur
darauf, überhaupt als ein legitimes Mitglied der sozialen Gemeinschaft gelten
zu können.“ (Honneth)
Das vornehmlich britische Denken; „hier meint >Anerkennung<..
zwar auch etwas, wonach Menschen im Allgemeinen aufgrund ihrer motivationalen
Natur streben, aber sie tun dies weniger, um dadurch irgendeine
gesellschaftliche Vorrangstellung zu erwerben, sondern vielmehr, um ein
akzeptiertes Mitglied ihrer sozialen Gemeinschaft werden zu können; daher
besitzt die erstrebte Anerkennung hier auch einen unzweideutig normativen
Charakter, da Zustimmung dafür erwartet wird, wie man sich im sozialen Umgang
verhält – ob man also die jeweils geltenden Normen angemessen beherrscht und im
eigenen Verhalten adäquat zum Ausdruck bringt.“ (Honneth)
Im deutschen Kontext bedeutet Anerkennung „nicht etwas, wonach
Subjekte aufgrund ihrer Bedürfnisnatur streben, sondern stellt eine Bedingung
dafür dar, überhaupt ein vernünftiges, sich selbst bestimmendes Wesen werden zu
können; der Grund für diese Abhängigkeit aller Menschen von der Anerkennung durch
ihre Mitmenschen wird darin gesehen, dass wir uns nur gemeinsam in
Wechselseitigkeit unserer Fähigkeit versichern können, uns im Handeln statt von
empirischen Bewegründen von
selbstgesetzten Normen leiten zu lassen; denn sich wechselseitig
anzuerkennen heißt in diesem Kontext, dem Anderen gegenüber auf die vernünftig
gehaltene Normen bezeugt.“ (Honneth)
Die wahre Liberalität ist
Anerkennung. (Johann Wolfgang von Goethe)
Anerkennung bewirkt, dass
das Hervorragende an den anderen auch zu uns gehört. (Voltaire) Anerkennung ist das Wort
eines Idioten; man findet sie im Lexikon, aber nicht im menschlichen Herzen.
(Honoré de Balzac)
Toleranz sollte eigentlich
nur eine vorübergehende Gesinnung sein: sie muss zur Anerkennung führen. Dulden
heißt beleidigen. (Johann Wolfgang von Goethe)
Praktische Grundsätze, die
aus der Natur entspringen, sind da, um betätigt zu werden, und müssen eine
Gleichförmigkeit des Handelns bewirken, nicht bloß eine theoretische
Anerkennung ihrer Wahrheit. (John Locke)
Solange du auf Erden
lebst, hast du kein Recht, rückhaltlose Anerkennung zu verlangen. Denn bis zu
deinem letzten Augenblick besteht die Gefahr, dass du den Anspruch darauf
wieder verwirkst. (Arthur Schnitzler)
Achtung, die ich für
andere trage, oder die ein anderer von mir fordern kann, ist also die
Anerkennung einer Würde an anderen Menschen, d. i. eines Werts, der keinen
Preis hat, kein Äquivalent, wogegen das Objekt der Wertschätzung ausgetauscht
werden könnte. (Immanuel Kant)
Anerkennung. 1.
Das Beachten (einer Regel oder Sache) sowie die ermutigende Wertschätzung einer
Person und ihrer Leistung; 2. Ein philosophischer und sozialwissenschaftlicher
Begriff, der die Beziehungsdimension des (leibhaftigen) Erkennens bzw. die
Bildung des Selbst durch Interaktion und Rollenübernahme zum Gegenstand hat. In
seiner Verbalform anerkennen
wahrscheinlich Übersetzung von lateinisch agnoscere substantivierte Form ursprünglich
Anerkenntnis; seit dem 19. Jahrhundert ist Anerkennung sowohl der Akt als auch
der Inhalt einer Einstellung oder Haltung im Sinne von Respektierung,
Tolerierung, lobender Bestätigung. […] Der Begriff Anerkennung im praktischen
Sinne ist in der Philosophie des deutschen Idealismus von J. G. Fichte
eingeführt worden. […] Außerhalb von Rechtsverhältnissen wird der Begriff der
Anerkennung auch verwendet für generalisierte Theorien der Ich-Du-Beziehung.“
(Wörterbuch der philosophischen Grundbegriffe)
Literatur:
Axel Honneth, 2018. Anerkennung. Eine europäische Ideengeschichte.
Berlin: Suhrkamp.
Café DenkMal Philosophisches Café am 07.
Februar 2020 Thema: Erwachsenensprache
Erwachsenheit.
Diese Haltung bedeutet, manche Unannehmlichkeiten oder Übel ebenso als
notwendige Begleiterscheinungen des Lebens zu erkennen wie die eigenen
Möglichkeiten, sie zu ertragen oder zu überwinden.
Erwachsenheit im Sprechen
bedeutet zunächst, solche Doppelbödigkeiten wahrnehmen zu können; nicht
kindlich auf dem (gut) Gemeinten zu beharren, sondern Abstand zu sich zu
gewinnen und das, was andere tatsächlich verstanden haben, ebenso zu
berücksichtigen wie auch das, was Erwachsene hätten verstehen können.
Wir leben in einer Welt,
in der immer mehr Menschen mit der größten Selbstverständlichkeit in Armut und
Aussichtlosigkeit getrieben werden, und in der man zugleich Erwachsene vor Erwachsenensprache
warnt. Das eine hängt offenkundig mit dem anderen zusammen: Denn es sind
dieselben Mächte, die das eine und das andere vorantreiben.
Denn Gleichheit setzt Erwachsenheit
voraus: die Fähigkeit, vom Privaten und Persönlichen abzusehen und nur das
öffentlich Relevante zu behandeln. Dagegen ist die Unterwerfung des
öffentlichen Raumes unter die Kriterien persönlicher Empfindlichkeit – die Fähigkeit,
sich verletzt zu fühlen, und den Zwang, dies sofort kundzutun – die stärkste
Ressource zum Abbau von bürgerlicher Teilhabe und Politikfähigkeit.
Kränkbarkeit und
Verletzlichkeit werden verabsolutiert; sie gelten als hinreichende Ursachen für
„Gefahr im Verzug“.
Nur derart infantilisierte
Wesen sind nicht in der Lage, zwischen wirklichem Traumata und all dem gewöhnlichen
Ungemach zu unterscheiden, das zum Leben wie Erwachsene einzusehen vermögen –
eben gehört.
So kann man wohl sagen,
dass dieses Sichverkehren von vermeintlicher Vernunft in Unvernunft ein
typisches Phänomen der Gegenwart darstellt. Allgemein lässt sich feststellen,
dass das, was wir heute als Vernunft bezeichnen, regelmäßig etwas Exzessives,
Panisches und Blindes – und mithin Unvernünftiges – an sich hat.
In der postmodernen
Toleranz wird jedem Individuum das uneingeschränkte Recht zugestanden, ein
völliger Idiot zu sein. […] Dem muss man heute als Gegenprinzip einen
abgewandelten Satz von Hannah Arendt entgegenhalten: Niemand hat das Recht, ein
kompletter Idiot zu sein. Und niemand hat das Recht, jemand anderen als solchen
zu behandeln und nichts von ihm zu erwarten.
Narzissten wünschen sich
immer eine gute Rolle, anstatt dem Hinweis des Stoikers Epiktet zu folgen,
wonach es vielmehr darauf ankommt, sie gut zu spielen.
Wenn aber das Ideal
aufgrund seiner als kränkend empfundenen Distanz gegenüber dem Ich abgewehrt
werden muss, dann versagt man sich damit diese Glücksmöglichkeit – und verschafft
nur dem tyrannischen Über-Ich einen bösen Triumph.
So wurde aus ursprünglich
wohlverstandener, erwachsener Ironie mit dem Lauf der Zeit eine Form kindlichen
Ernstes.
Diese Furcht vor falschen
Einbildungen führt zu einer Entleerung des öffentlichen Raumes.
Indem die scheinbar um die
Schwachen besorgte, aber gerade dabei doch immer nur die Stärksten bereichernde
neoliberale Politik an die Schwäche und Empfindlichkeit der Bevölkerungen
appelliert, zerstört sie die Selbstwahrnehmung der Menschen als mündige
Bürgerinnen und Bürger; zugleich etabliert sie die Wahrnehmung des jeweils
anderen ausschließlich als Bedrohung.
Literatur:
Robert Pfaller, 2017.
Erwachsenensprache. Über ihr Verschwinden aus Politik und Kultur. Frankfurt am
Main: Fischer. Robert Pfaller, 2015. Kurze
Sätze über gutes Leben. Frankfurt am Main: Fischer.
Café DenkMal! Philosophisches Café am 03. Januar 2020 Thema: Beleidigtsein als gesellschaftliches Klima
Beleidigen, vom mittelhochdeutschen beleidegen,
Verstärkung zum mittelhochdeutschen leidegen verletzen, betrüben, also
eigentlich ein Leid antun. (s. Kluge, Etymologisches Wörterbuch) Es lassen sich
drei Bedeutungsvarianten unterscheiden: 1. Jemanden in seinem Ehrgefühl oder
seinen Empfindungen verletzen. 2. Etwas oder jemanden mit Worten verletzen. 3.
Schwer erträglich sein, z. B. die Musik beleidigt mein Ohr. (s. Bertelsmann,
Wörterbuch der deutschen Sprache)
Uns nicht überschätzen, heißt uns
beleidigen. (Emanuel Wertheimer)
Toleranz sollte eigentlich nur eine
vorübergehende Gesinnung sein: sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt
beleidigen. (Johann Wolfgang von Goethe)
Wer zu beleidigen gedenkt oder jeden
Augenblick beleidigt zu werden fürchtet, beide sehen sich begreiflicherweise
nach Verbündeten und Gehilfen um. (Alessandro Manzoni)
Es gibt kein anderes Mittel, sich vor
Schmeichelei zu hüten als dass die Menschen einsehen, dass sie dich nicht
beleidigen, wenn sie dir die Wahrheit sagen. (Nicoló Macchiavelli)
Wer nicht, wenn auch unabsichtlich,
beleidigen oder verletzen will, dem fehlt alle Energie, alle Tatkraft; denn man
kann keinen Fuß bewegen, ohne Wesen zu zertreten, keinen Tropfen Wasser
vergießen, ohne Infusorien zu verschlucken. (Ludwig Feuerbach)
Erwachsenheit im
Sprechen bedeutet zunächst, solche Doppelbödigkeiten wahrnehmen zu können;
nicht kindlich auf dem (gut) Gemeinten zu beharren, sondern Abstand zu sich zu
gewinnen und das, was andere tatsächlich verstanden haben, ebenso zu berücksichtigen
wie auch das, was Erwachsene hätten verstehen können. […] Wir werden manchmal
in Kauf nehmen müssen, ein wenig böse zu sprechen, um nicht unsolidarisch als
die einzigen Guten im Unterschied zu anderen dazustehen […]; und wir werden
ebenso sehr unsere Empfindlichkeit zügeln müssen, um andere nicht für störende
Worte sofort zu brandmarken. Dann werden wir bemerken können, dass Sprechen
immer eine bestimmte Gespaltenheit aufweist – und zwar so, dass nicht die guten
Worte, sondern vielmehr unser Verhältnis zu unseren Worten unser Sprechen
charakterisiert. (Robert Pfaller)
Jeder, der postet
und kommentiert, Nachrichten und Geschichten teilt, ein Handyvideo online
stellt, leistet seinen Beitrag, wirkt daran mit, die Erregungszonen der
vernetzten Welt endgültig zu entgrenzen. (Bernhard Pörksen)
Wir sind gereizt,
weil wir nicht sicher wissen können, was von dem, was gerade noch als
Gewissheit erscheint, eigentlich stimmt und wer Daten und Dokumente aus welchen
Gründen und mit welchen Absichten manipuliert. (Bernhard Pörksen)
Wir müssen jedoch
lernen, die Spätmoderne als eine widersprüchliche, konflikthafte
Gesellschaftsformation zu begreifen, die durch eine Gleichzeitigkeit von
sozialem Aufstieg und Abstieg, eine Gleichzeitigkeit von kultureller Aufwertung
und Entwertung charakterisiert ist – am Ende durch Prozesse der Polarisierung.
(Andreas Reckwitz)
Stattdessen sind
es Minderheiten, die sich auf ihre Ängste und unguten Gefühle berufen, um gegen
gesellschaftliche Mehrheiten zu opponieren. Nicht das Allgemeine wendet sich
gegen das Besondere, das Besondere tritt auf gegen das Allgemeine. (Hanno Rauterberg)
Es ist die
extreme Dezentrierungserfahrung der Digitalmoderne, die das Individuum dazu
auffordert, sich fürderhin selbst als Oberzentrum zu begreifen. (Hanno
Rauterberg)
In vielen der
neuen Kulturkämpfe wird das eigene Empfinden verabsolutiert, der persönliche
Eindruck zählt mehr als der Ausdruck der Kunst. (Hanno Rauterberg)
Im Kern jeder
psychotischen Erfahrung steht also ein umfassender Realitätsverlust. Dazu
kommen Symptome aus dem affektiven, die Gefühle betreffenden Formenkreis wie
Erregungszustände, aber auch aus dem schizophrenen Spektrum zugeordnete
Phänomene wie Wahnideen, Störungen der des Ich-Erlebens und mangelnde
Krankheitseinsicht. Der psychotische Mensch hat seinen Geist und sein
Urteilsvermögen verloren, sein Leben ist ihm fremd geworden. [...] Auf
gesellschaftlicher Ebene erleben wir den Realitätsverlust als postfaktisches
Zeitalter, bestimmt von Fakes News und alternativen Fakten. (Ariadne von
Schirach)
Literatur:
Robert Pfaller, 2017.
Erwachsenensprache. Über ihr Verschwinden aus Politik und Kultur.
Bernhard Pörksen, 2018. Die große Gereiztheit.
Wege aus der kollektiven Erregung.
Hanno Rauterberg, 2019. Wir frei ist die
Kunst? Der neue Kulturkampf und die Krise des Liberalismus.
Ariadne von Schirach, 2019. Die psychotische
Gesellschaft. Wie wir Angst und Ohnmacht überwinden.
Café
DenkMal Philosophisches Café am 06. Dezember 2019Thema:
Erfahrung, Idole, Realitätsprinzip Manch einer
lehnt Idole prinzipiell ab, um durch diese Ablehnung selbst zum Idol zu werden.
(André Brie)
Niemand ist
so unglücklich wie ein Idol, das sich selbst überlebt hat. (Joseph Addison) Meiner Meinung
nach äußert sich wahre Liebe in Zurückhaltung, Bescheidenheit und sogar in der
Schüchternheit des Verliebten gegenüber seinem Idol, und ganz und gar nicht in
Gemütsexzessen und in einer zu frühen Vertraulichkeit. (Karl Marx) Ob man sich
ein Idol macht aus Holz, Stein, Metall, oder es zusammensetzt aus abstrakten
Begriffen, ist einerlei: es bleibt Idololatrie, sobald man ein persönliches
Wesen vor sich hat, dem man opfert, das man anruft, dem man dankt. (Arthur
Schopenhauer)
Je mehr Idole
ein Mensch hat, desto weniger ist er imstande, die Wahrheit zu finden. (James
Tyler Kent) Erfahrung
bedeutet ursprünglich immer schlechte Erfahrung. (Oswald Spengler) Erfahrung
macht bedenklich. (Horaz) Erfahrung ist
nichts als Gedächtnis. (Thomas Hobbes) Erfahrung
bleibt die beste Wünschelrute. (Johann Wolfgang von Goethe)
Erfahrung ist
der Name, mit dem jeder seine Dummheiten bezeichnet. (Oscar Wilde) Die Erfahrung
ist fast immer die Parodie auf die Idee. (Johann Wolfgang von Goethe) Erfahrung ist
das Kind des Denkens und Denken das Kind des Handelns. (Benjamin Disraeli)
Wir gewinnen
im Leben bestenfalls eine einzige wesentliche Erfahrung, und das Geheimnis der
Lebenskunst besteht darin, diese Erfahrung möglichst oft zu reproduzieren.
(Oscar Wilde) Wenn ich
gegen das Realitätsprinzip, gegen das, was die Realität mir antut, Protest
erhebe, bin ich realistisch. Ich bin also realistisch aus einem
anti-realistischen Grund. (Alexander Kluge) Die einzige
unmittelbar glaubwürdige Realität ist die Realität des Bewusstseins. (René
Descartes) Die
Verzerrung der Realität im Bericht ist der wahrheitsgetreue Bericht über die
Realität. (Karl Kraus) Der beste Showmaster
aller Zeiten ist die Realität. (Billy) Eine
Überzeugung, die alle Menschen teilen, besitzt Realität. (Aristoteles)
Jede
Befreiungsbewegung verändert ihren Charakter, wenn sei von der Utopie zur
Realität übergeht. (Karl Marx) Träume dir
dein Leben schön und mach aus diesen Träumen eine Realität. (Marie Curie) Nur Richtung
ist Realität, das Ziel ist immer eine Fiktion, auch das erreicht – und dieses
oft ganz besonders. (Arthur Schnitzler) Man könnte
fast ein Gesetz statuieren: Die Realität nimmt mit dem Vollkommenheitsgrad
ihrer technischen Bewältigung quadratisch ab. (Franz Werfel)
Café DenkMal Philosophisches Café am 01. November 2019 Thema: Ikone versus Realität
Ikonografie, erstens: Im traditionellen Sinn ist
Ikonografie die Nachweisung, Bestimmung und Verzeichnung historischer
Bilddarstellungen. So verstanden ist sie eine Hilfswissenschaft der Archäologie
und Geschichte. Zweitens: Ikonografie nennt man auch die Lehre von Inhalt und Bedeutung
der künstlerischen Darstellungen (im Gegensatz zur rein formalen und
stilgeschichtlichen Betrachtung). Sie wird zwecks Unterscheidung heute von
Ersterem Ikonologie genannt und bildet einen wichtigen Zweig der
Kunstgeschichte. Von größter Bedeutung ist die Ikonologie für die Erforschung
christlicher Kunst, da diese seit ihren Anfängen höhere, geistige
Wirklichkeiten mit Hilfe des Bildes zum Ausdruck bringt. Die christliche
Ikonografie befasst sich mit der Feststellung des sachlichen Inhalts und des symbolischen
Sinnes einzelner Darstellungen, aber auch mit ihrem Zweck und
geistesgeschichtlichen Hintergrunds. (nach LThK 1986)
Realität: von neulateinisch realitas, die Dinglichkeit,
das Vorhandensein in der Außenwelt (objektive oder empirische Realität) oder
als ideale Realität in der Vorstellung, in Gedanken (subjektive Realität). Bei
Kant ist die Realität eine der Kategorien der Qualität.
Realitätsprinzip: Begriff der Psychoanalyse für die die
Bezeichnung der menschlichen Fähigkeit, Triebansprüche auf ihre
Realisierbarkeit zu prüfen und die Befriedigung dieser Ansprüche nur im Rahmen
der Chancen zur Verwirklichung anzustreben. Dies führt in vielen Fällen um
Triebaufschub oder gar Triebverzicht. Der Gegensatz ist das Lustprinzip. (nach
Wörterbuch der philosophischen Grundbegriffe)
Café DenkMal Philosophisches Café am 04.
Oktober 2019 Thema: Die solidarische GesellschaftSolidarität,
neulateinisch: Gesamtheit, Vollständigkeit; juristisch und politisch: das
Eintreten, Haften oder Verantwortlichsein des Einzelnen für die Gesamtheit;
ethisch: die Bereitschaft zur Unterstützung der Zielsetzungen anderer; bei
Emile Durkheim auch soziologischer Begriff zur Bezeichnung des Zusammenhalts
einer Gesellschaft aufgrund ursprünglicher Homogenität oder funktionaler
Abhängigkeit der Glieder. (nach Regenbogen Meyer, Wörterbuch der
philosophischen Begriffe)
Das Solidaritätsprinzip richtet sich auf die Bestimmung der Person als
ens sociale, auf das in der Sozialnatur der Person gründende Faktum der
Gemeinschaft und auf die wechselseitigen Beziehungen zwischen Person und
Gemeinschaft. Es ist das Zuordnungsprinzip, das die gegenseitige Zuordnung von
Person und Gemeinschaft darlegt. Weil der Mensch seiner Natur nach auf die
Gemeinschaft hingeordnet und von ihr abhängig ist, trägt er Verantwortung für
die rechte Ordnung des gesellschaftlichen Ganzen. Die Gemeinschaft ihrerseits
ist rückgebunden an die Person und muss auf sie ihre gesamte gesellschaftliche
Tätigkeit einrichten. [……] Aus der seinsmäßigen wechselseitigen Gemeinverstrickung
ergibt sich die ethisch verpflichtende Gemeinhaftung von Person und
Gemeinschaft. (F. Klüber, LThK)
Im Mittelalter herrschte die
Solidarität der Interessen in den Formen der Unfreiheit, in der Gegenwart
herrscht die Freiheit ohne alle Solidarität, die Zukunft wird die Solidarität
in den Formen der Freiheit bringen. (Ferdinand Lassalle)
Unentwegt stacheln Wirtschaft und
Schulen den, wie sie sagen, ‚gesunden Ehrgeiz“ an. Als wäre Ehrgeiz etwas
anderes als eben – Geiz, d. h. verweigerte Solidarität. Deswegen ist, wie
Martin Buber in einem Gespräch bemerkte, Erfolg keiner der Namen Gottes. (Kurt
Marti)
Das Recht ist ein solidarisches Ganzes
für alle im Lande, sowohl für die Höchsten wie für die Niedrigsten. (Otto von
Bismarck)
Der Staat muss Gerechtigkeit walten lassen, die
Zivilgesellschaft kann sich Solidarität erlauben. (Heinz Bude)
Die glühenden Verfechter der Solidarität kommen heute
zumeist nicht mehr von links, sondern von rechts. Sie meinen eine exklusive
Solidarität, die mit Mauern geschützt und durch Kultur behauptet wird. (Heinz
Bude)
Der Gegentyp zum solidarischen Menschen ist der
Trittbrettfahrer. (Heinz Bude)
Der wesentliche Satz zur Sache lautet: Man weiß den
Gewinn der Solidarität nur zu ermessen, wenn man die Einsamkeit kennt (Heinz
Bude)
Die Selbstbesorgten rücken von der Idee der
Solidarität ab, weil sie darin eine Formel der Schwäche und der Abhängigkeit
erkennen. Wer Solidarität fordert, kann oder will sich nicht selbst helfen. (Heinz
Bude)
Der Begriff des Sozialen hatte im Übrigen aufgrund des
Ausbaus des Sozialstaats einen anderen Klang erhalten: Weg von der Solidarität
im Wiederaufbau hin zur Vergabe von gerechtfertigten Ansprüchen von einzelnen
Gruppen in der pluralen Gesellschaft. (Heinz Bude) Literatur:
Heinz Bude 2019. Solidarität. Die Zukunft einer großen
Idee. München: Carl Hanser.
Café DenkMal
Philosophisches Café am 06. September 2019Thema: Leben aus der Zukunft
Die Zukunft
der Zukunft liegt in der Zukunft. (Marion Gitzel)
Ohne die
Gegenwart hat die Zukunft keine Zukunft. (Stefan Fleischer) Vergangenheit,
Lehre der Zukunft. (Ralf Weiser) Jede Zukunft
ist verkörperte Erinnerung. (Michael Marie Jung)
Zieh
Konsequenzen aus deiner Zukunft. (Manfred Hinrich) Man muss auch
der Zukunft etwas überlassen. (Johann Wolfgang von Goethe) Das
Schlimmste an der Gegenwart ist die Zukunft. (Gustave Flaubert) Der echte
Märchendichter ist ein Seher der Zukunft. (Novalis)
In der
Gestaltung der Zukunft liegt die Bewältigung der Vergangenheit. (Andreas
Hoffstadt) Erzähle mir
die Vergangenheit und ich werde die Zukunft erkennen. (Konfuzius) Die Zukunft zeigt
sich uns, lange bevor sie eintritt. (Rainer Maria Rilke)
Ein Traum ist
unerlässlich, wenn man die Zukunft gestalten will. (Victor Hugo)
Vergangenheit
wie Zukunft sind nur Formen der Gegenwart. (Christian Morgenstern)
Wer ein
Programm für die Zukunft verfasst, ist ein Reaktionär. (Karl Marx)
Die Zukunft
sieht zu einem großen Teil der Vergangenheit ähnlich. (Aristoteles) Ich wollte,
ich wüsste nicht um die Zukunft. (Ovid) Wenn der
Mensch nicht über das nachdenkt, was in ferner Zukunft liegt, wird er das schon
in naher Zukunft bereuen. (Konfuzius) Auch was ihr
unterlasst, webt am Gewebe aller Menschen Zukunft. (Friedrich Wilhelm
Nietzsche) Du musst die
Zukunft nicht vorhersagen, du musst sie zulassen. (Antoine de Saint-Exupéry) Eure falsche
Liebe zur Vergangenheit ist ein Raub der Zukunft. (Friedrich Wilhelm Nietzsche)
Wer die
Zukunft fürchtet, der ist in der Gegenwart wenig gefährlich. (Heinrich Heine)
Wie kann man
sagen, dass Vergangenheit und Zukunft existieren? Wenn doch die Vergangenheit
schon nicht mehr ist und die Zukunft noch nicht ist? (Augustinus)
Ich bin
Pessimist für die Gegenwart, aber Optimist für die Zukunft. (Wilhelm Busch) Über die
Zukunft zu reden, ist er beste Vorwand, sich vor der Gegenwart zu drücken.
(Mark Twain) Wenn man die
Zukunft vorzeitig weckt, bekommt man dann eine verschlafene Gegenwart. (Franz
Kafka) Café DenkMal
Philosophisches Café am 02. August 2019 Thema: Eventkultur
versus wahres Erlebnis
„Die
Unterhaltung erhebt sich heute zu einem neuen Paradigma, ja zu einer neuen
Seinsformel, die darüber entscheidet, was weltfähig
ist und was nicht, ja was überhaupt ist.
So präsentiert sich die Wirklichkeit
selbst als eine besondere Wirkung der
Unterhaltung.“ (Byung-Chul Han)
„Das
Besondere am heutigen Phänomen der Unterhaltung besteht vielmehr darin, dass
sie über das
Phänomen der Freizeit weit hinausgeht.“ (Byung-Chul Han)
„Die
Medien-Welt beendet, so könnte man auch sagen, das eigentliche In-der-Welt-sein.“ (Byung-Chul Han)
„Passion
ist Vereinzelung. Homo doloris ist homo solitudinis.“ (Byung-Chul Han)
„Die
Unterhaltung ist eine Seinsentlastung, die
darüber hinaus Lust erzeugt.“ Oder „Manerhält
sich, indem man sich unterhält.“ (Byung-Chul
Han)
„Die
Unterhaltung findet unterhalb des Geschmacksurteils statt. So ist ihr Gegenstand
weder schön noch hässlich. Er ist
bloß >angenehm<... Er gefällt unmittelbar den Sinnen, während das Gefühl
des Schönen eine Vermittlung der Reflexion, d. h. eine >Beurteilung<..
voraussetzt.“ (Byung-Chul Han)
„Diese
Wende in unserem Verständnis von Bewegung, vom Impuls zur Trägheit, verändert
fundamental die Weise, in der wir uns zur Realität ins Verhältnis setzen.
Eigentlich ist sie ein Ereignis: In seiner grundlegendsten Definition ist ein
Ereignis nicht etwas, das innerhalb der Welt geschieht, sondern es ist eine Veränderung des Rahmens, durch den wir
die Welt wahrnehmen und uns in ihr bewegen.“ (Slavoj Zizek)
„Das äußerste Ereignis ist der
Sündenfall selbst, der Verlust einer Art urtümlicher Einheit und Harmonie, die
niemals existiert hat und nur eine rückwirkende Illusion ist.“ (Slavoj Zizek)
„Sex
selbst hat sich in einen Freizeitspaß verwandelt, während Liebe auf das Gebiet
der >emotionalen Erfüllung< reduziert ist.“ (Slavoj Zizek)
„Keine
Zukunft zu haben ist kein Zustand, der gute Laune macht. Und genau deshalb ist
unsere Gegenwart vor allem durch schlechte Laune gekennzeichnet, was ein
bisschen absurd ist: […].“ (Harald Welzer)
„Wir leben
in einer Gesellschaft, in der Wissen gelehrt und Unwissen praktiziert wird, ja,
in der Tag für Tag gelernt wird, wie man systematisch ignorieren kann, was man
weiß.“ (Harald Welzer)
„Unser
Fernsehapparat sichert uns eine ständige Verbindung zur Welt, er tut dies
allerdings mit einem durch nichts zu erschütterndem Lächeln auf dem Gesicht.
Problematisch am Fernsehen ist nicht, daß es uns unterhaltsame Themen
präsentieret, problematisch ist, daß es jedes Thema als Unterhaltung
präsentiert.“ (Neil Postman)
Literatur:
Byung-Chul
Han (2018). Gute Unterhaltung. Berlin: Matthes & Seitz.
Neil
Postman (1985). Wir amüsieren uns zu Tode. Urteilsbildung im Zeitalter der
Unterhaltungsindustrie. Frankfurt am Main: S. Fischer
Harald
Welzer (2019). Alles könnte anders sein. Eine Gesellschaftsutopie für freie
Menschen. S. Fischer.
Slavoj
Zizek (2014). Was ist ein Ereignis? Frankfurt am Main: Frankfurt am Main: S.
Fischer.
Café DenkMal
Philosophisches Café am 05. Juli 2019 Thema: Warum noch in
ein Konzert gehen? Es war
eine absolute Einheit zwischen den Instrumenten, mal waren es ruhigere, mal
heftigere Phasen, alles entstand aus dem Hören und einer gegenwärtigen Inspiration.
[…] Während dies alles geschah, begann ich zu vergessen, dass uns Menschen
zuhörten. Es war nicht länger wichtig, denn es war kein Vorspielen mehr,
sondern ein lebendiges Geschehen, das vollkommen erfüllt war von dem
gemeinsamen Klang. Absolute Gegenwart. (Martin Schleske)
Wie sich
weiterhin zeigte, waren die Eltern der gut spielenden Kinder keineswegs
Musiker, sondern eher Musikhörer. (Manfred Spitzer)
Von
Caruso, dem berühmten Tenor, wird beispielsweise gesagt, er habe sein hohes C
nur bei entsprechender Stimulation durch das Publikum wirklich überzeugend
sind können. (Davidson bei Spitzer)
Mit der
Trennung des Musikstücks von seiner Aufführung ergibt sich das Problem von
deren Verhältnis zueinander, das oft als Frage der „richtigen“ Aufführung
verstanden wird. (Manfred Spitzer)
Was mit
Event-Kultur nur hilflos benannt, jedoch in seinen sozialhistorischen
Dimensionen bislang unbegriffen geblieben ist, bezieht sich auf das Verblassen
einer kundigen Genusskultur. An deren Stelle treten fluide Milieus ohne Vergemeinschaftungsinteresse,
Flaneure statt Connaiseure. Deren Erwartungen an Kulturkonsum entspricht eine
Form der Wahrnehmung, die an höfische Zeiten erinnert. Aristokratische
Kulturbeflissenheit hatte sich auf das Dabeisein beschränkt, auf die
Unterhaltung durch Artisten während der Konsumtion von Zeit jenseits der
Wertschöpfung. Was manche als Abschied vom bürgerlichen Zeitalter bezeichnen,
bedeutet somit nicht etwa das Ende aller Zeiten, sondern nicht mehr als den
Übergang, ja vielleicht das Wiedereintreten in Formen anstrengungsloser,
entsakralisierter ästhetischer Wahrnehmung. (Tilman Allert)
Wir werden
uns daran gewöhnen, Bruckners Achte bei einem Stück Sacher-Torte zu hören zu
bekommen, und uns nicht wundern, sollte, wenn Cecilia Bartoli eines Abends ihre
virtuosen Gluckser mit dem Auftritt eines Jongleurs veranschaulicht, der
Rückzug der klassischen Trägergruppen des Kulturgenusses ist unverkennbar.
(Tilman Allert)
Die
sogenannte Unterhaltungsmusik, die eigentlich Zerstreuungsmusik oder sedative
Musik heißen müsste, kann eines Massenpublikums sicher sein, weil sei die
Aufgabe wahrnimmt, die Hörer vor dem Risiko des Hörens von Neuem zu schützen.
Wer Sedativmusik anstellt, tut dies eben, um sich in überraschungsfreie
Tonwelten einzustimmen, gleich auf welchem Milieu. Durch ihr Erklingen und
Wiedererklingen transportiert die unterhaltende Musik die frohe Botschaft, dass
das Bekannte das Unbekannte eliminiert hat. In dieser Sicht gibt es zwischen
dem Klassik-Konzertbetrieb und der U-Musik nur beunruhigend geringfügige
Unterschiede. Beide inszenieren Musik als Medium des ältesten Konservatismus,
der Harmonie und Wiederholung in immer vorhersagbaren Synthesen verspricht.
(Peter Sloterdijk)
Literatur: Martin Schleske (2014). Der Klang. Vom unerhörten Sinn
des Lebens. München: Goldmann. Manfred Spitzer (2002). Musik im Kopf. Stuttgart:
Schattauer.
Tilmann Allert (2017). Gruß aus der Küche. Soziologie der
kleinen Dinge. Frankfurt am Main: S. Fischer.
Tilmann Allert. (2017). Latte Macchiato. Soziologie der
kleinen Dinge. Frankfurt am Main: Fischer. Peter Sloterdijk (2007). Der ästhetische Imperativ.
Schriften zur Kunst. Hamburg: EVA.
Café
DenkMal Philosophisches Café am 07. Juni 2019 Thema:
Musik als Sprache
Die Musik macht einen Bereich des Schweigens zugänglich; in ihr
tritt die Seele sozusagen nackt hervor, ohne das sprachliche Gewand, `das sich
in allen Dornen verfing´ (so Paul Claudel). (Josef Pieper)
Allgemein und zugleich populär redend kann man den Ausspruch
wagen: Die Musik überhaupt ist die Melodie, zu der die Welt der Text ist.
(Arthur Schopenhauer)
Musik und Rhythmus finden ihren Weg zu den geheimsten Plätzen der
Welt. (Platon)
Es gibt aber nichts, worin Zorn und Sanftmut, worin Tapferkeit,
Mäßigung und alle anderen moralischen Eigenschaften, nebst ihrem
Entgegengesetzten sich so deutlich und ähnlich abbildeten, wenn man von der
wirklichen Natur abgeht, als im Gesang und im Rhythmus. Die Erfahrung beweist
es. Die ganze Stimmung des Gemüts ändert sich, wenn man verschiedene Arten der
Musik hört. (Aristoteles)
Die Wahrheit jedoch ist, dass die übervolle Seele sich bisweilen
in eine völlig leere Sprache ergießt, denn niemand von uns kann jemals das
wirkliche Ausmaß seiner Wünsche, seiner Gedanken oder seiner Leiden ausdrücken;
und die menschliche Sprache gleicht einem zersprungenen Kessel, auf den wir
krude Rhythmen wie für Tanzbären trommeln, während wir uns danach sehnen, eine
Musik zu machen, bei der die Sterne schmelzen. (Gustave Flaubert)
Musik redet die allgemeinste Sprache, durch welche die Seele frei,
unbestimmt angeregt wird; aber sie fühlt sich in ihrer Heimat. (Robert
Schumann)
Ohne die Musik wäre das Leben ein Irrtum. (Friedrich Nietzsche)
Das musikalische Denken scheint in einzigartiger Weise die
rationale mit der irrationalen Seite unseres Geistes zu verbinden. (Hans
Zender)
Psychologische Experimente haben gezeigt, dass die Fahrer insbesondere
bei anspruchsvollen Strecken und lauter Musik zu höheren Geschwindigkeiten und
geringerer Aufmerksamkeit neigen. (Thomas Richter)
Wie keine zweite Kunst ist die Musik seit ihren menschheitsgeschichtlichen
Anfängen etwas in der Gemeinschaft Praktiziertes und Genossenes. (Thomas
Richter)
Ein faszinierender Klang kommt immer aus der Mehrdeutigkeit.
(Martin Schleske)
Auch wenn wir Musik hören, sind wir affektiv betroffen. Aber wer
empfindet hier was? Empfinden wir uns, unser Dasein, oder die bewußte Empfindung
eines Subjekts, oder handelt es sich um eine innere Bewegung der vor- oder
unbewußten Schichten, des Körpers, der Natur in uns? (Hans Zender)
Die Musik bewegt sich im buchstäblichen Sinne nur, wenn die
Schallquelle ihren Platz wechselt. Alle anderen Bewegungen der Musik sind
Bewegungssuggestionen, Klanggebärden des Aufstrahlens und Versinkens, des Vorwärtsdrängens,
der Drehung, des Ausweichens, der Entfaltung und Zusammenziehung usw. Sie fahren
den tanzenden und marschierenden Menschen in die Glieder, z. B. die weichen
auslandenden Kurven mit seitlichem Schwung beim Walzer, die vom Schall zwar
deutlich vorgezeichnet, aber nur vom tanzenden Körper ausgeführt werden können.
Der Beladenheit mit Bewegungssuggestionen verdanke der Schall seine Zeitverbundenheit
oder Geschichtlichkeit, d. h. seine Fähigkeit, sich mit zeitlicher Dauer
vollzusaugen und dadurch zu verstärken. (Hermann Schmitz)
Literatur:
Joachim-Ernst Berendt
(1985). Nada Brahma. Die Welt ist Klang. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
Josef Pieper (1951). Über
die Musik. Ansprache während eines Bach-Konzerts. In: Josef Pieper(1954). Weistum-Dichtung-Sakrament. München:
Kösel.
Thomas Richter (2012).
Warum man im Auto nicht Wagner hören sollte. Musik und Gehirn. Stuttgart: Philipp
Reclam.
Hans Zender (2016). Denken
hören – Hören denken. Musik als eine Grunderfahrung des Lebens. Freiburg München:
Karl Alber.
Philosophisches Café am 03.05.2019 Thema: Die Wirkung der Wörter, soziolinguistische Überlegungen
Realität: von
neulateinisch realitas, die Dinglichkeit, das Vorhandensein in der Außenwelt
(objektive oder empirische Realität) oder als ideale Realität in der Vorstellung,
in Gedanken (subjektive Realität). Bei Kant ist die Realität eine der Kategorien
der Qualität.
Realitätsprinzip:
Begriff der Psychoanalyse für die die Bezeichnung der menschlichen Fähigkeit, Triebansprüche
auf ihre Realisierbarkeit zu prüfen und die Befriedigung dieser Ansprüche nur
im Rahmen der Chancen zur Verwirklichung anzustreben. Dies führt in vielen
Fällen um Triebaufschub oder gar Triebverzicht. Der Gegensatz ist das Lustprinzip.
(nach Wörterbuch der philosophischen Grundbegriffe)
Die einzige Welt, welche jeder wirklich kennt
und von der er weiß, trägt er in sich, als seine Vorstellung, und ist daher das
Zentrum derselben. Deshalb eben ist jeder sich alles in allem; er findet sich
als den Inhaber der Realität und kann ihm nichts wichtiger sein, als er selbst.
(Arthur SchopenhauerLinguistic turn: Als „sprachbezogene Wende“ bezeichnet man in der Philosophie
eine Entwicklung hauptsächlich des 20.
Jahrhunderts, die mit einer verstärkten Hinwendung zur Sprache,
d. h. der Verwendung und Bedeutung sprachlicher Äußerungen, einhergeht.
Viele Vertreter des linguistic turn hatten das Forschungsprogramm, nicht
mehr „Dinge an sich“
zu untersuchen, sondern die sprachlichen Bedingungen zu analysieren, wie von
Dingen gesprochen wird. Man kann für diese Wende eine Parallele zu derjenigen
Kants behaupten: Kants „Kopernikanische Wende“ ging damit einher,
nicht mehr Dinge an sich selbst zu beschreiben, sondern Bedingungen, sie zu
erkennen, die in der Struktur der Vernunft liegen. An die Stelle der Metaphysik
als erster Philosophie treten Strukturen des Geistes (lat. mens),
weshalb einige Autoren von einem „mentalistischen Paradigma“
sprechen, bei Vertretern des linguistic turn von einem „linguistischen
Paradigma“: Erfahrung ist zunächst immer sprachlich vermittelt.
Ein anschauliches Beispiel für die Hinwendung zur
Sprache bietet die Aussageweisen bei der Diskussion ethischer Fragen
analysierende Metaethik von George Edward Moore. Dabei wird nicht die Natur
des Guten
diskutiert, sondern die des sprachlichen Ausdrucks „gut“: Zählt dieses Wort zu
den Worten, welche Handlungen empfehlen oder vorschreiben (sog. präskriptive
Ausdrücke)? Oder ist es beschreibend („deskriptiv“)?
Drückt „Menschen in Notlagen zu helfen, ist gut“ eine Pflicht oder eine
Handlungsbewertung aus? Oder etwa eine Beschreibung: Nothilfe hat nützliche
Effekte? Moore unterscheidet beide Redeweisen derart, dass von beschreibenden
Aussagen nie ein Schluss auf vorschreibende Aussagen erlaubt sei („naturalistischer Fehlschluss“).
Gelegentlich setzt man das u. a. von
Moore verfolgte Forschungsprogramm als „begriffsanalytisch“ von zwei weiteren
ab, welche ebenfalls methodisch die Sprache ins Zentrum stellen: dem „sprachanalytischen“
oder normalsprachlichen, wie es
Ryle
oder Austin verfolgen, und dem „formalistischen“, welches Frege, Russell und
der frühe Wittgenstein verfolgten. Alle drei Forschungsprogramme werden
üblicherweise als phasenweise wichtige Teilströmungen der sog. Analytischen Philosophie beschrieben.
Bergmann selbst hatte seine Rede von einem linguistic turn
v. a. auf Moore und Wittgenstein bezogen und in diesem Sinn war linguistic
turn auch immer ein Term der analytischen Philosophie.
Philosophiegeschichtliche Darstellungen fanden diese Ideenwelt dann aber auch
rückblickend in ganz anderen Kontexten. Im Bereich französischer Philosophie
konnte man zum Beispiel über Roland
Barthes oder Paul Ricœur auf die Idee eines semiotic turn gebracht
werden, und in der deutschen Geistesgeschichte auf die große
sprachphilosophische Tradition von Johann Georg Hamann, Wilhelm von Humboldt, Johann Gottfried Herder, Wilhelm
Dilthey, die als „Hermeneutik“ von Gadamer verwaltet wurde.
Die Soziolinguistik ist eine Teildisziplin der Sprachwissenschaft. Sie steht in enger
Beziehung zur Angewandten Linguistik und zur Allgemeinen Linguistik und wird je nach
Definition von „angewandt“ entweder zur einen oder zur anderen dieser beiden
sprachwissenschaftlichen Hauptdisziplinen gerechnet. Werden sprachliche
Phänomene aus diachroner Sicht untersucht, besteht auch ein Bezug zur Historischen Linguistik. Die
Soziolinguistik weist darüber hinaus fachliche Überschneidungen mit der Soziologie,
der Anthropologie,
der Sozialpsychologie und der Erziehungswissenschaftauf.
Gegenstand der soziolinguistischen Untersuchungen ist
einerseits die soziale, politische und kulturelle Bedeutung sprachlicher
Systeme und der Variationen des Sprachgebrauchs sowie andererseits die
kulturell und gesellschaftlich bedingten Einflüsse auf die Sprache. (wikipedia,
abgerufen 29.04.2019, 14:40 Uhr)
Große Macht übt das richtige Wort
aus. Immer, wenn wir auf eines dieser eindringlichen, treffenden Worte stoßen,
ist die Wirkung physisch und geistig – und blitzartig spontan. (Mark Twain)
Die Menschen sind rar geworden,
die an einem Wort erforschen, wieviel Wahrheit in ihm ist. Die Meisten Menschen
interessiert nur, wieviel Wirkung in ihm ist. (Theodor Haecker)
Es ist leicht, von Güte zu reden. Aber
Worte allein haben keine Wirkung. (Dalai Lama)
Jedes Wort hat fließende Grenzen.
Diese Tatsache zu ästhetischer Wirkung auszunützen ist das Geheimnis des Stils.
(Arthur Schnitzler)
Treffende Bemerkungen mögen ihre
Wirkung haben, doch ist noch kein Wort je so wirkungsvoll gewesen wie eine Kunstpause
zur rechten Zeit. (Mark Twain)
Café DenkMal Philosophisches Café am 05.
April 2019Thema: Freude an der Sprache und
bedrohte Wörter
Nehmt eure Sprache ernst! (Friedrich Nietzsche)
Die deutsche Sprache ist die Orgel unter den Sprachen. (Jean Paul)
Wie seine Sprache, so der Mensch. (Hans Gross)
Die Sprache ist der Leib des Denkens. (Georg W. F. Hegel)
Unsere Sprache ist auch unsere Geschichte. (Jacob Grimm)
Wie ist jede – aber auch jede – Sprache schön, wenn in ihr nicht nur
geschwätzt, sondern gesagt wird. (Christian Morgenstern)
Ich spreche Spanisch zu Gott, Italienisch zu den Frauen, Französisch zu den
Männern und Deutsch zu meinem Pferd. (Karl V.)
Es ist keineswegs gleichgültig, wie man die Sachen nennt… Der Name schon
bringt eine Auffassungstendenz mit sich, kann glücklich treffen oder in die
Irre führen. Er legt sich wie Schleier oder Fessel um die Dinge. (Karl Jaspers)
Die Menschen glauben, dass ihr Geist dem Worte gebiete; aber oft kehren die
Worte ihre Kraft gegen den Geist um. (Francis Bacon)
Unsere meisten Ausdrücke sind metaphorisch: Es steckt in denselben die
Philosophie unser Vorfahren. (Georg Lichtenberg)
Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei
doch auch was denken lassen. (J. W. Goethe, Faust)
Alle Schulmeister lehren, dass nicht der Sinn den Worten, sondern die Worte
dem Sinn dienen und folgen sollen. (Martin Luther)
Wörter sind eingesalzene Heringe, konservierte alte Ware. (Fritz Mauthner)
Vom Aussterben
bedroht:
Amtsschimmel, Bandsalat, Fuchtel, Haderlump, honett, kommod, piesacken,
Quacksalber,
quacken, Zeche prellen, pardauz, Tausendsassa, Schlawiner, Schwerenöter,
Springinsfeld, Dreikäsehoch, Hupfdohlen, Mauerblümchen, Vettel,
Wuchtbrumme, Klimbim, blümerant, Firlefanz, Mumpitz, Kokolores,
Sperenzchen, Backfisch, Naseweis…
Sprachphilosophie: Es ist
eine philosophische Disziplin, die das Phänomen der Sprache in seinen
vielfältigen Bezügen zu Kultur, Gesellschaft, Denken und Handeln zum Gegenstand
hat. Leitfragen sind zum Beispiel: Wie kommen sprachliche Zeichen wie Wörter
und Sätze zu ihren Bedeutungen? Was genau ist Bedeutung? Welche Funktionen hat
Sprache, und welchen Einfluss hat sie auf das Denken? Wie ist Sprache
ursprünglich entstanden? (nach Regenbogen, Meyer, Wörterbuch der philosophischen
Begriffe)
Sprechakttheorie:
Sie
betrachtet Sprache als eine besondere Form sozialen Handelns und analysiert sie
aus dieser Perspektive. (nach Regenbogen, Meyer, Wörterbuch der philosophischen
Begriffe)
Soziolinguistik: Sie
sucht nach Beziehungen zwischen der sozialen Zugehörigkeit von Sprechern und
ihrer Sprachverwendung. (nach Regenbogen, Meyer, Wörterbuch der philosophischen
Begriffe)
Café
DenkMal Philosophisches Café am 01. März 2019 Thema:
Konversation, Smalltalk Geschwätz, leeres Gerede
Klatsch, Reden über
die persönlichen Angelegenheiten anderer Plaudern, sich zwanglos
unterhalten, etwas erzählen was geheim bleiben sollte
Plauschen, Abwandlung
von plaudern, sich gemütlich unterhalten
Smalltalk, belangloses
Gespräch Konversation, gewandte,
gepflegte, etwas förmliche Unterhaltung, geselliges Gespräch (dazu siehe in
Wörterbuch der deutschen Sprache, Wissen Media Verlag)
Smalltalk ist die Kunst, an Wichtigeres zu denken, während man
weniger Wichtiges sagt. (David Lettermann)
Die Menschen, die man nur zur Hälfte kennt, man kennt sie nicht;
die Sachen, über die man nur zu drei Vierteln Bescheid weiß, man weiß von ihnen
überhaupt nichts. Diese zwei Überlegungen reichen hin, um fast alle Gespräche
zu würdigen, die in der Welt geführt werden. (Nicolas Chamfort)
Genau betrachtet ist alles Gespräch nur Selbstgespräch. (Christian
Morgenstern)
Smalltalk ist die Kunst zu reden, ohne zu denken. (Andreas Tenzer)
Viele Menschen tun sich beim small-talk so schwer, weil sie
wissen, dass er leicht fallen soll. (Johann Peter Hebel)
Unwürdig des Gläubigen ist jedes leere Geschwätz. (Mohammed)
Small Talk ist Geschwätz von Leuten, die nichts zu sagen haben.
(Klaus Klages)
Die Welt besteht aus lauter Geschwätz, jeder Mensch redet eher zu
viel als zu wenig. (Michel de Montaigne)
Auch das kürzeste Wort bleibt am Ende nur Geschwätz, wenn es nicht
auf irgendwelchem Wege zu Taten führt. (Arthur Schnitzler)
Ein Schwätzchen ist ein Federballspiel zwischen harmlosen
Freundlichkeiten. Geschwätz vergiftet. (Peter Horton)
Man soll nur reden, wo man nicht schweigen darf; und nur von dem
reden, was man überwunden hat, - alles andere ist Geschwätz, „Literatur“, Mangel
an Zucht. (Friedrich Wilhelm Nietzsche)
Die Philosophie vermag im Letzten Sinne nichts auszusprechen als
Tautologien; geht sie darüber hinaus, so fängt im günstigen Fall die Dichtung,
im gleichgültigen das Geschwätz, im schlimmen die Dogmatik an. (Arthur Schnitzler)
Konversation machen: Zwei oder mehrere Leute tun so, als hörten
sie einander zu. (Georg Christoph Lichtenberg)
Die deutsche Sprache an sich ist reich, aber in der deutschen
Konversation gebrauchen wir nur ein zehntel Teil dieses Reichtums – faktisch sind
wir also spracharm -. (Heinrich Heine)
Der Krieg schafft schon Gefährten, Schrecken erregt nur das
alltägliche Gerede. (Francesco Petraca)
Mit Redereien allein kann man kein Schiff bauen. (Gerd W. Heyse)
Café
DenkMal Philosophisches Café am 01. Februar 2019Thema:
Lüge Wahrheit Bullshit
Unsere Natur ist notorisch instabiler und weniger eingewurzelt als
die Natur anderer Dinge. Und angesichts dieser Tatsache ist Aufrichtigkeit
selbst Bullshit. (Harry G. Frankfurt)
So sorgfältig und gewissenhaft der Bullshitter auch vorgehen mag,
es ändert doch nichts daran, daß er etwas verbergen möchte. (Harry G. Frankfurt)
Humbug: insbesondere durch hochtrabendes Gehabe in Wort und Tat
irreführende und verfälschende, an Lüge grenzende Darstellung eigener Gedanken,
Gefühle oder Einstellungen. (Harry G. Frankfurt)
Gerade in dieser fehlenden Verbindung zur Wahrheit – in dieser
Gleichgültigkeit gegenüber der Frage, wie die Dinge wirklich sind – liegt meines
Erachtens das Wesen des Bullshits. (Harry G. Frankfurt)
Denn das Wesen des Bullshits liegt nicht darin, daß er falsch ist,
sondern daß er gefälscht ist. (Harry G. Frankfurt)
Das einzige unverzichtbare und unverwechselbare Merkmal des
Bullshitters ist, daß er in einer bestimmten Weise falsch darstellt, worauf er
aus ist. (Harry G. Frankfurt)
Da Bullshit nicht notwendig wahrheitswidrig sein muß,
unterscheidet er sich von der Lüge durch die gefälschte Absicht. (Harry G.
Frankfurt)
Tatsächlich neigen die Menschen gegenüber dem Bullshit zu größerer
Toleranz als gegenüber der Lüge, vielleicht weil wir Bullshit nicht so stark
als persönlichen Affront erleben. (Harry G. Frankfurt)
Lüge: die bewusst
unwahre, eine Täuschung beabsichtigende Aussage, im weiteren Sinn die
absichtliche Entstellung der Wahrheit, die Verdrehung der Tatsachen, die
gewollte Zweideutigkeit und Unbestimmtheit, die Verstellung und Heuchelei. Nach
Augustinus ist jede Lüge eine Sünde. Thomas von Aquin hat diese Definition
entschärft, indem er zwar die Absicht, Falsches zu sagen, nicht aber die
Täuschungsabsicht zu ihrem Wesen erklärt. (nach Regenbogen, Meyer. Wörterbuch
der philosophischen Begriffe)
Wahrheit: In der Philosophie
versteht man unter Wahrheit im engeren Sinne eine Eigenschaft, die, je nach
theoretischem Hintergrund, einer Vorstellung, einem Urteil oder einer Aussage
bzw. einem Aussagesatz zukommen kann.
Wenn du lügen musst, dann lüge. (Herodot)
Die Lüge ist immer ein Selbstmord des Geistes. (Johann Gottlieb
Fichte)
Geschichte ist die Lüge, auf die man sich geeinigt hat. (Voltaire)
Die Wahrheit errötet nicht. (Tertullian)
Gerechtigkeit ist Wahrheit in Aktion. (Joseph Joubert)
Die Sprache der Wahrheit ist einfach. (Euripides)
Literatur:
Harry G. Frankfurt, 2006. Bullshit. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Café
DenkMal Philosophisches Café am 4. Januar 2019 Thema:
Zwischen Sorglosigkeit und Freiheit Sorge (lat.
cura), ängstliche Bemühung, hingebender Einsatz, gehört in psychologischer
Hinsicht zu den gerichteten Gefühlen; ein von Martin Heidegger (Sein und Zeit,
§ 39 ff.) in die Philosophie eingeführter Ausdruck zur Bezeichnung des Seins
des Daseins. (Regenbogen, Meyer, Wörterbuch der philosophischen Begriffe)
Freiheit, (griech.
eleutheria, lat. libertas), in den germanischen Sprachen hat fri mit seinem Auftreten schon die
heutige Bedeutung des Unabhängigseins, der Abwesenheit eines Zwanges;
ursprünglich aber liegt ein positiv ausgesprochener Inhalt zugrunde: fri geht von einer indogermanischen
Wurzel aus, die auch lieben, hegen, schonen bedeuten kann. […] Die Frage, ob
der menschliche Wille sich selbst bestimmen könne, also autonom sei, oder ob er
von fremden Mächten bestimmt werde, also unfrei, heteronom sei, hat die
Philosophie zu allen Zeiten beschäftigt und hat im allgemeinen drei
verschiedene Antworten hervorgerufen: 1. Der Wille ist autonom und diese
Autonomie steht in Gegensatz zur Ursächlichkeit. 2. Der Wille ist heteronom und
alles Handeln ist lediglich verursacht. 3. Die Selbstbestimmung des Willens
wird nicht geleugnet, aber die Freiheit des Willens wird nicht als Gegensatz
zur Ursächlichkeit genommen, sondern für eine bestimmte Form der Verursachung.
(nach Regenbogen, Meyer, Wörterbuch der philosophischen Begriffe)
Vertrauen ist die Mutter der
Sorglosigkeit. (Baltasar Gracián y Morales)
Die Sorglosigkeit ist eine nährende
Tugend. (Johann Wolfgang von Goethe)
Mit der Furcht fängt die Sklaverei an,
aber auch mit Zutrauen und Sorglosigkeit. (Johann Gottfried Seume)
Wir fühlen den Schmerz, aber nicht die
Schmerzlosigkeit; wir fühlen die Sorge, aber nicht die Sorglosigkeit; die
Furcht, aber nicht die Sicherheit. (Arthur Schopenhauer)
Freiheit ist Mitverantwortung.
(Richard Freiherr von Weizsäcker)
Freiheit gibt Witz und Witz gibt
Freiheit. (Jean Paul)
Erziehung ist Erziehung zur Freiheit.
(Ludwig Börne)
Zivilisation ist Zwang, Kultur:
Freiheit. (Gerhart Hauptmann)
Das Geheimnis des Glücks ist die
Freiheit, und das Geheimnis der Freiheit ist der Mut. (Perikles)
Angst ist der Schwindel der Freiheit.
(Sören Kierkegaard)
Viele Gewohnheiten, weniger Freiheit.
(Immanuel Kant)
Frieden ist ungestörte Freiheit.
(Marcus Tullius Cicero)
Freiheit ist der Zwang sich zu
entscheiden. (Baltasar Gracián y Morales)
Wille ist Wollen und Freiheit ist
Können. (Voltaire)
Die Freiheit beginnt mit der Ironie.
(Victor Hugo)
Mit Lob bringt man die Freiheit um.
(Sigmund Freud)
Dass Philosophen Wein lieben hingegen, kann wohl angenommen werden. Da gibt es in Bamberg einen Philosophieprofessor, Helmut Pape, der einen Weinhandel betreibt und seine Weine nach Philosophen benennt. Harald Lesch und Wilhelm Vossenkuhl haben bei ihrem Gang durch die Geschichte der Philosophie im BR in jeder Folge ein Glas Wein getrunken.
Und wir wissen von den Griechen, dass beim Symposion reichlich Wein getrunken wurde und nebenbei auch philosophische Probleme erörtert wurden.
Reichlich Philosophie fließt, wenn Weingüter sich vorstellen. Alle haben eine Philosophie und jeden Philosophen graust es, denn im Grunde seines Herzens nennt er sich nicht Philosoph, allenfalls philosophiert er. Eine Philosophie ist eigentlich eine contradictio in adiecto, doch es klingt so gut, wenn ein Wein angeblich einer Philosophie entspringt.
Einen ersten Versuch, Wein und Philosophieren zu verbinden, haben wir am 5. September 2014 gestartet. Thema war Begriff und Begrifflichkeit. An einem herrlichen Sommerabend wurde nachgedacht über das, was getrunken wird, wie man es in Begriffe fassen kann und welche Schwierigkeiten sich ergeben, wenn man einen Wein beschreiben will. Es ging um Ludwig Wittgenstein und die Frage, ob sich überhaupt alles in Begriffe bringen lässt.